Ein – Sichten. (Cornelia Auers)

Unsere Kirche ist weiter offen, auch in Zeiten von Corona. Vielleicht tut es Ihnen gut, sich in eine Bank zu setzen, ein Gebet zu sprechen, zur Ruhe zu kommen und die Textilinstallation auf sich wirken zu lassen.

Da hängen mehrere durchscheinende Stoffbahnen von dem Bogen herab, verhüllen den Blick in die Apsis und geben gerade dadurch neue Ein-Sichten. Je nach Tageszeit und Lichteinfall ergibt sich eine andere Stimmung. Vom Kirchenschiff aus erscheint der Vorhang weiß und violett, mal deckender, mal durchscheinender.

Betritt man die Kirche, so wird der Blick auf die Mitte gezogen, auf das Riemenschneiderkreuz. Doch je nach Ort in der Kirche bzw. Sitzplatz in der Kirchenbank verändert sich der Blick nach vorne. Da wird mal ein Teil des Gewölbes betont, mal leuchten die Altarkerzen durch den Vorhang, mal erscheint ein Detail aus den Altarbildern, wie das Volk Gottes bei den Zelten, das in der Wüste unterwegs ist.

Auch der Aus-Blick von der Apsis ins Kirchenschiff ändert sich. Die Stoffe erscheinen eher grünlich und nehmen die
Farbe der Kirchenbänke auf. Ich entdecke in dem offenen Durchbruch den Ausschnitt eines Fensters, der Decke, der Orgel, der Emporen.

Mal klar – mal durchscheinend hell, dann wieder verborgen- so kenne ich es auch von meinem Glauben. Da leuchten immer wieder andere Aspekte auf.

Es gibt Momente, da scheint für mich das Licht des Glaubens ganz hell. Bei einem Fest wie an Weihnachten oder wenn der 7 Monate alten Junge beim Taufgespräch strahlend und voller Vertrauen die Welt entdeckt.

Wenn ich um den Tod eines lieben Freundes trauere, stehe ich nah am Kreuz. Mal gefangen in Trauer und Verlust. Mal kann ich erahnen, dass ich in der Trauer nicht allein bin. Auch Gott hat gelitten und getrauert, und irgendwo ist er auch jetzt da.

Und dann sehe ich mich wieder bei den Zelten, so wie damals das Volk in der Wüste unterwegs war, sind auch wir auf dem Weg. In aller Unsicherheit, in allem Wagnis spüre ich die Zusage: Gott ist mit dabei. Das gilt auch in Zeiten von Corona. Er gibt uns, was wir zum Leben brauchen und begleitet mich und dich.

Pfarrerin Cornelia Auers