Neues, diesmal aus Moskau
Nachrichten über Krankheiten, Unglücks- und Sterbefälle, die traurig machen, musste ich aus unserer Partnergemeinde leider schon mehrmals mitteilen. Meistens hatte mir darüber Pastor Michelis am Telefon berichtet, wenn er im Gottesdienst oder bei Besuchen davon erfuhr. Zwei neueste Nachrichten kommen allerdings nicht aus Saransk, sondern aus Moskau.
Sie sind sehr beunruhigend. Denn sie betreffen das gottesdienstliche Leben der Evang.-Luth. Kirche in ganz Russland, also auch in der Propstei Kaliningrad / Königsberg und damit in der Gemeinde Saransk, sowie die Visa-Erteilung.
Neue Anti-Terror-Gesetze
Das russische Parlament, die Duma, hat am 24. Juni eine Reihe von Anti-Terror-Gesetzen beschlossen. Einige ihrer Regelungen betreffen Kirchen und andere religiöse Gemeinschaften ganz unmittelbar. So dürfen künftig keine Gottesdienste mehr in Wohnungen oder Büros gefeiert werden, sondern nur in „religiösen Gebäuden“.
Das ist wahrscheinlich in erster Linie gegen die gerichtet, von denen man islamistische Terrorgefahren befürchtet. Weniger gegen die ungefährliche Lutherische Kirche. Dass diese aber nun mit betroffen ist, wirft für sie große Probleme auf. „Die Situation ist sehr, sehr ernst“, sagte ein Sprecher der Evang.-Luth. Kirche im europäischen Russland (ELKER) dem Gustav-Adolf-Werk in Leipzig. Denn die meist kleinen lutherischen Gemeinden in Russland besitzen nur wenige „religiöse Gebäude“, also Kirchen oder staatlich anerkannte Gemeindehäuser. Deren Unterhalt ist nämlich schwer zu finanzieren. So war es ja auch beim früheren Gemeindehaus unserer Partner in Lomonossowka, das nach rund 10 Jahren Benutzung schwerwiegende Schäden hatte. Es musste schließlich leider verkauft werden.
Seit Jahren kommen deshalb die Besucher zu den Gottesdiensten mit Pastor Michelis in der Wohnküche von Vera Frisen in Sosnowka zusammen, an denen auch mehrere Heroldsberger Besucher schon einige Male teilnahmen.
So ähnlich ist es in den meisten anderen lutherischen Gemeinden dort. Wenn das nun verboten wird, wo kann man dann noch Gottesdienste feiern ? Nur vier evangelische Kirchen gibt es im Propsteigebiet, und als „religiöse Gebäude“ anerkannte Gemeindehäuser nur an wenigen Orten.
Konsequenzen
Wie mir Pastor Michelis am Telefon sagte, hat der Pastorenkonvent der Propstei über mögliche Folgen der neuen Gesetze beraten, will zunächst aber die genaueren Ausführungsregelungen abwarten und bis dahin die bisherigen Wohnräume weiterhin für Gottesdienste benutzen. Wenn meine Frau und ich ab 4. September für eine Woche wieder die Partner besuchen, wollen wir den Gottesdienst am 5.9. noch am gewohnten Ort feiern, und hoffentlich ohne Probleme. Würden die Gesetze strenger angewendet, müssten unsere Partner in Zukunft in die Kirche oder das Gemeindehaus von Turgenjewo, westlich des Gemeindebereiches ausweichen. Wie das verkehrsmäßig zu schaffen wäre, ist wegen der nur wenigen öffentlichen Buslinien sehr schwierig.
Hotel streng vorgeschrieben
Eine weitere Änderung betrifft die Visa-Erteilung. Eine Voraussetzung ist nun eine feste Hotelbuchung. Unser vertrautes, gutes Quartier im Haus von Nikodemus Redler, wo wir uns mit unseren Gruppen immer sehr wohl gefühlt haben, genügt dieser Vorschrift nicht. Wir haben nun Zimmer im Hotel „Dom lesnika“ (Forsthaus) in Sosnowka buchen und dabei auch den Termin verschieben müssen. Wir hoffen, dass uns unsere Freundin Albina (84) trotz ihrer Herzprobleme wieder als Dolmetscherin begleiten kann.
Von Pastor Michelis erfuhr ich, dass Anatolij Koslow sich nach seiner Bypassoperation weiterhin schwach fühlt. Er sei gestürzt, habe sich schlimm verletzt, wieder in die Klinik gemusst; seine Beine seien stark geschwollen. Seine Frau Ljuba bittet auch uns um Fürbitten für ihren kranken Mann.